Reich der Mitte, Ende der Reise

Peking

Der chinesische Sonderzug, der uns die letzten Kilometer durch das Reich der Mitte führt, überrascht mit modernen Abteilen und unerwartet gutem Service. Doch das Herz, so scheint es, blieb in den plüschig-nostalgischen Waggons der russischen Bahn, die einst schon von Breschnews Genossen für Fernreisen bevorzugt wurden.

Doch viel Muße, um den Waggons aus der Sowjet-Zeit hinterher zu trauern bleibt nicht: Nur 14 Stunden dauert die Fahrt durch Chinas Nordosten, gerade lang genug, um einen Hauch vom echten Fernen Osten einzuatmen.

Quirlige Dörfer mit Rikschas und unzähligen Fahrrädern, Reisfelder und eine Ahnung, dass hier etwas Berauschendes, etwas Großes heranwächst, bringen uns Geschichte und Zukunft des bevölkerungsreichsten Landes der Erde im Zeitraffer näher. Auf dieser Seite der Großen Mauer, so berichten einige Chinesen, sagt man, dass in China kein Stein auf dem anderen bleibe, wenn es denn nur dem Fortschritt diene. Wolkenkratzer und ein Ballett aus unzähligen Baukränen, die uns bei der morgendlichen Einfahrt nach Peking begrüßen, bestätigen diese Vermutung.

Peking ChinaHier, zwischen Kaiserpagode, Verbotener Stadt und Himmelstempel, hier werden wir Zeugen eines Wirtschaftswunders, das seine Schatten in die Zukunft wirft, und einer unvergleichlichen Kulturgeschichte, die Jahrtausende weit zurückreicht.

Das, was als Lebenstraum angekündigt war, war tatsächlich ein Traum. Der Traum eines bewegenden und bewegten Lebens, aus dem man nur widerwillig erwacht. Ferien vom Ich, nach denen man die Schulbank des westeuropäischen Alltags umso härter unter sich spürt.

von Karsten Prachold